Wie CCSV die Reanimationsforschung voranbringen kann
Wie können wir die Überlebenschance eines Menschen mit Herz-Kreislaufstillstand verbessern? Welche Rolle spielt Beatmung dabei? Erste Daten zeigen, dass der Beatmungsmodus CCSV (Chest Compression Synchronized Ventilation) hilfreich sein könnte. Hierbei wird zu jeder Thoraxkompression synchron ein Beatmungshub abgegeben.
Laienreanimation verbessert die Überlebensrate
Chris ist 45 Jahre alt, war schon immer sportlich und besucht drei Mal in der Woche den Tennisplatz. Eine gute Leistung ist ihm sehr wichtig. Er gehört zu den Top-Spielern seiner Mannschaft und versucht stets seine Techniken zu verbessern. Heute übt er den Kickaufschlag, aber irgendwas ist anders. Sein Herzschlag ist schneller als sonst und plötzlich ist sein Sichtfeld beeinträchtigt. Und dann passiert es: Während er den Ball in die Luft wirft und mit dem Schläger ausholt, bricht er plötzlich zusammen. Sein Mitspieler Tim reagiert schnell und eilt zu ihm. Als Chris weder auf Schulterrütteln reagiert und auch keine Atemgeräusche mehr von sich gibt, startet Tim direkt mit der Herzdruckmassage.
„Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Sekunde. Wenn Ersthelfer:innen sofort mit der Wiederbelebung starten, sind bei einem Herzinfarkt die Überlebenschance zwei- bis dreimal höher. Denn je länger das Gehirn nicht durchblutet wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die betroffene Person bleibende Schäden erleidet“, erklärt Dr. Birgit Plöger. Sie ist seit über 20 Jahren Notärztin und Expertin auf dem Gebiet der Reanimation.
Reanimationsbeatmung mit CCSV
Tim hat also alles richtig gemacht und seinem Mitspieler womöglich das Leben gerettet. Als kurze Zeit später die Notärztin eintrifft, übernimmt sie. Dabei greift sie auf das Beatmungsgerät MEDUMAT Standard² zurück, denn hier ist der Beatmungsmodus CCSV integriert. „Es ist eine Beatmungsform, die speziell für die Reanimation entwickelt wurde und leicht anzuwenden ist. CCSV macht das, was es soll, es gibt keinen Störfaktor. Es sorgt nicht nur für die Beatmung der Patient:innen, sondern hat auch noch positiven Einfluss auf den Kreislauf,“ erklärt Dr. Plöger. Sie ist Anwenderin seit der ersten Stunde und kam bereits 2017 mit dem Beatmungsmodus in Berührung. Als ihr damaliger Vorgesetzter und sie sich für die Integration von CCSV entschieden haben, ist sie zunächst ohne große Erwartungen an die Umsetzung gegangen: „Es war ein neues Verfahren, das sich gut angehört hat. Die Tierstudien haben überzeugt und das Wichtigste war: wir wussten, dass wir den Patient:innen nicht schaden. Im Gegenteil – wir haben die Chance die Versorgung bei einem Herzkreislaufstillstand zu verbessern.“
Einfach und sicher anzuwenden
Chris hat Glück gehabt. Durch die sofortige Reanimation seines Mitspielers und der anschließenden Versorgung durch den Rettungsdienst ist sein Herzrhythmus zurückgekehrt. Um sicherzustellen, dass bei jeder Reanimation die Notärzt:innen CCSV nutzen können, hat der DRK-Rettungsdienst Mittelhessen (RDMH) alle Notarztfahrzeuge mit MEDUMAT Standard² ausgestattet. Für Dr. Plöger ein wichtiger Faktor: „Mit CCSV fühle ich mich sicher. Es macht die Reanimation für mich einfacher“, erklärt sie.
Reanimationsforschung muss weitergehen
Im UKGM Gießen und Marburg allerdings nutzen die Ärztinnen und Ärzte den Beatmungsmodus bisher nur im Schockraum. Für die Zukunft wünscht sich Dr. Plöger, dass CCSV auch in weiteren Klinikbereichen Anwendung findet. „Es ist leicht anzuwenden, wir müssen die Menschen nur noch mehr überzeugen.“ Wichtig ist zudem, dass Expert:innen klären, welche Rolle die Beatmung bei der Reanimation spielt. „Das Thema muss mehr in den Fokus rücken. Wir wissen, dass es wichtig ist den Kreislauf herzustellen. Das ist in den letzten Jahren verstärkt ins Bewusstsein gerückt. Jetzt müssen wir klären: Welche Rolle spielt die Beatmungsform? Können wir da noch etwas optimieren? Dazu gibt es bisher leider zu wenig Studien.“ Ihre Kolleginnen und Kollegen ermutigt sie CCSV zu nutzen: „Der Beatmungsmodus hat die Beeinflussung von Atmung und Kreislauf revolutioniert. Dass man mit Beatmung den Blutfluss verbessern kann, war vorher so nicht bewusst. Aber nur mit genug Daten können wir einen Durchbruch schaffen und allen Patient:innen eine bessere Behandlung ermöglichen. Deswegen wäre es toll, wenn wir noch mehr Anwender:innen finden, um die Reanimationsforschung weiter voranzubringen.“
Dr. Birgit Plöger
Dr. Birgit Plöger ist Leitende Oberärztin im Zentrum für Notfallmedizin des Universitätsklinikums Gießen/Marburg. Sie ist seit über 20 Jahren Notärztin und medizinische Leiterin sowie Leiterin des Simulationszentrums im DRK-Rettungsdient Mittelhessen. Für Frau Dr. Plöger ist die Notfallmedizin mehr als nur ein Beruf. Ob es die Ausbildung von Kolleginnen und Kollegen oder die Arbeit mit und an Patient:innen ist – sie ist mit Leidenschaft dabei. Das bringt sie auch in unserem Gespräch zum Ausdruck.