Inspirationsdruck (PInsp) bei der Beatmung

Der inspiratorische Druck (pInsp) spielt bei der Beatmung eine zentrale Rolle, da er die Belüftung der Lunge steuert und damit den Gasaustausch sicherstellt. Allerdings können bei zu hohen pInsp-Werten Spitzendrücke entstehen, die die Lunge schädigen, weswegen die präzise Einstellung des Parameters besonders wichtig ist. Erfahren Sie hier alles über den pInsp bei der Beatmung – von den Vorteilen und Nachteilen bis zu Richtvorgaben für die Festlegung des pInsp.
Definition: Was ist der pInsp bei der Beatmung?
pInsp, auch bekannt als IPAP (Inspiratory Positive Airway Pressure, positiver inspiratorischer Druck), bezeichnet den Inspirationsdruck. Er gibt den Druck an, der während der Inspiration einer maschinellen Beatmung erreicht werden soll. Der pInsp bestimmt, wie viel Beatmungsdruck einer Patientin oder einem Patienten pro Beatmungshub zugeführt wird.1
Der Inspirationsdruck ist ein zentraler Einstellungsparameter bei der druckkontrollierten Beatmung und liegt immer über dem PEEP (Positive End-Expiratory Pressure) – dem positiven endexspiratorischen Druck. Dabei handelt es sich um den Druck, der während der Exspiration aufrechterhalten wird. Der PEEP sorgt dafür, dass die Atemwege während der Ausatmung offenbleiben. Der pInsp wird je nach Beatmungsgerät entweder als Summe zum PEEP addiert oder separat eingestellt.
Anwendung des pInsp bei der druckkontrollierten Beatmung
Bei der druckkontrollierten Beatmung, auch bekannt als PCV-Beatmung, werden zunächst die Parameter PEEP, pInsp und pMax festgelegt. Um die Beatmung einzuleiten, erzeugt das Beatmungsgerät einen Überdruck, der den voreingestellten pMax nicht überschreitet. Das führt zu einem Anstieg des transpulmonalen Drucks, wodurch Atemgas in die Lunge strömt. Die Strömungsgeschwindigkeit der Luft ist zu Beginn hoch, nimmt dann aber ab – der Flow ist also dezelerierend.2
Das Gerät versorgt die Patientin oder den Patienten so lange mit Luft, bis der voreingestellte pInsp erreicht ist. Der Inspirationsdruck sollte stets so hoch eingestellt werden, dass eine ausreichende Belüftung gewährleistet wird.3 Die Luft wird in der Regel mit einer Rampe von etwa 0,2 Sekunden geliefert, wodurch der Spitzenflow etwas verzögert erreicht wird.4 Sobald der festgelegte pInsp für die Beatmung erreicht ist, wird dieser während der gesamten Inspirationsphase aufrechterhalten.
Unterschied zwischen pInsp, pAW und pMax
In der Beatmungstechnik gibt es verschiedene Druckparameter, die in Beziehung zueinanderstehen, jedoch unterschiedliche Bedeutungen haben. Der pInsp ist der eingestellte Beatmungsdruck, der während der Inspiration bei der druckkontrollierten Beatmung erreicht werden soll.
Der pAW (Airway Pressure) hingegen bezeichnet den vom Beatmungsgerät gemessenen Atemwegsdruck.5 Dieser gibt Aufschluss über die Mechanik der Lunge (Resistance und Compliance) und kann sowohl bei der druck- als auch bei der volumenkontrollierten Beatmung ermittelt werden. Auch der mittlere Atemwegsdruck pMean gewinnt als Beatmungsparameter an Bedeutung, da er die Hämodynamik beeinflusst.6
Der pMax ist der maximal eingestellte Atemwegsdruck, der den pAW begrenzt und das Risiko von beatmungsassoziierten Lungenschäden wie Barotrauma verringert. Das ist besonders relevant, da hohe Beatmungsdrücke vor allem bei der Inspiration entstehen. Wird der pMax erreicht, bevor der pInsp bei der Beatmung vollständig appliziert wurde, kann das Beatmungsgerät mit 2 Möglichkeiten reagieren:
- Die Inspiration wird vorzeitig abgebrochen.
- Der Luftdruck wird auf dem begrenzten Niveau gehalten, bis die Inspirationszeit beendet ist.3
In der folgenden Tabelle finden Sie eine Übersicht der 3 Parameter zum Vergleich.
- Definition
pInsp: Eingestellter Inspiratorischer Druck
pAw: Gemessener Atemwegsdruck
pMax: Maximaler eingestellter Atemwegsdruck
- Beschreibung
pInsp: Bestimmt das Volumen, das pro Beatmungshub abgegeben wird
pAw: Gibt den Druck in den Atemwegen an, der während des Atemzyklus vom Beatmungsgerät
gemessen wird
pMax: Voreingestellte Druckgrenze, die in keiner Phase der Beatmung überschritten werden darf
- Funktion
pInsp: Stellt eine ausreichende Belüftung der Lunge sicher
pAw: Gibt Aufschluss über die Mechanik der Lunge
pMax: Vermeidet hohe Luftdrücke und daraus resultierendes Barotrauma
Normwerte für den pInsp
Bei der Einstellung des pInsp muss berücksichtigt werden, dass das Lungengewebe nicht durch Überdehnung geschädigt wird. Gleichzeitig muss der eingestellte pInsp-Wert sicherstellen, dass das ermittelte Tidalvolumen zuverlässig verabreicht wird. Die korrekte Einstellung des pInsp ist daher bei der Beatmung von großer Bedeutung.
Der Wert für den pInsp sollte an das Alter der Patientin oder des Patienten sowie an den Schweregrad der Lungenerkrankung angepasst werden und in der Regel 20–25 mbar nicht überschreiten.7 Da der pInsp stark patientenabhängig und individuell anzupassen ist, sollte er regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden – etwa bei Lageveränderungen. Dabei ist eine Anpassung in Abständen von 2–3 mbar empfehlenswert.8
Allerdings muss bei der Einstellung des pInsp in erster Linie das Tidalvolumen berücksichtigt werden. Dieses sollte maximal 6 ml/kgKG, basierend auf dem idealen Körpergewicht, betragen.
Zudem sollte die Druckdifferenz zwischen dem eingestellten PEEP und dem pInsp, auch „driving pressure“ genannt, nicht mehr als 15 mbar betragen. Die Einhaltung dieser Grenze entspricht den Anforderungen einer lungenprotektiven Beatmung, bei der alle Beatmungsparameter gezielt so eingestellt werden, dass das Lungengewebe geschont wird.9 Dabei gelten folgende Richtwerte:
- Tidalvolumen: 4–6 ml/kg IBW
- FiO2: < 60 %
- PEEP: gemäß PEEP-Tabelle
- Plateaudruck: < 30 mbar
- Druckdifferenz zwischen PEEP und oberem Druckniveau: < 15 mbar
Abweichung vom Normbereich
Ein höher eingestellter pInsp führt bei der Beatmung zu einem schnellen inspiratorischen Luftstrom (Flow), sodass der maximale Inspirationsdruck rasch erreicht wird. Bei niedrigerem pInsp wird die Luft ebenfalls schnell gefördert, jedoch erreicht der Flow einen geringeren pMax. Wenn der pInsp bei der Beatmung die genannten Normwerte über- oder unterschreitet, kann das 2 Folgen haben:
- Barotrauma: Zu hohe Beatmungsdrücke durch erhöhten pInsp können das Lungengewebe schädigen, indem Alveolen und Kapillaren überdehnt werden. Das kann zu Makroschädigungen wie Alveolarruptur oder Pneumothorax führen.
- Hypoventilation: Ein zu niedriger pInsp kann dazu führen, dass die Patientin oder der Patient ein zu niedriges Atemzugvolumen erhält. Da der Luftaustausch unzureichend ist, wird der paCO₂-Wert im Blut erhöht und eine CO₂-Narkose kann verursacht werden.10
Faktoren, die durch den pInsp beeinflusst werden
Der pInsp steht in enger Verbindung mit verschiedenen Beatmungsparametern und Faktoren, die sich wechselseitig bedingen. Folgende Aspekte werden durch den pInsp beeinflusst:
- Minutenvolumen: Das Minutenvolumen ist das Volumen an Atemluft, das in einer Minute ausgeatmet wird.¹¹ Es erhöht sich mit steigendem Tidalvolumen. Bei höherem pInsp kann mehr Luft pro Atemzug in die Lunge gelangen, wodurch das Atemminutenvolumen gesteigert wird.
- Oxygenierung: Ein hoher pInsp verbessert die Sauerstoffaufnahme, da ein höherer Inspirationsdruck mehr Luft in die Lunge strömen lässt.
- Ventilation: Die CO₂-Eliminierung hängt ebenfalls vom pInsp ab. Durch einen zu niedrigen Inspirationsdruck wird der Austausch der Luft vermindert und die CO₂-Abatmung beeinträchtigt.
- Potentielle Lungenschädigung: Ein zu hoher pInsp kann Barotrauma verursachen und erhöht das Risiko für beatmungsassoziierte Lungenschädigung erheblich.
pInsp und Tidalvolumen
Insbesondere das Tidalvolumen und der pInsp hängen eng zusammen. In der druckkontrollierten Beatmung steuert der pInsp das Tidalvolumen: Abhängig von der Resistance und Compliance des Atmungssystems wird ein bestimmtes Volumen gefördert. Bei der volumenkontrollierten Beatmung wird der pInsp wiederum durch das verabreichte Tidalvolumen und die Compliance der Lunge bestimmt. Je höher die Compliance und je größer das eingestellte Tidalvolumen, desto höher ist der pInsp.
Das Tidalvolumen ist abhängig von der Druckdifferenz zwischen PEEP und pInsp. Bei gleichbleibender Druckdifferenz wird bei niedrigeren Druckwerten ein größeres Volumen gefördert. Zum Beispiel führt ein PEEP von 5 mbar und ein pInsp von 15 mbar zu mehr Volumen als ein PEEP von 20 mbar und ein pInsp von 30 mbar.1
Bedeutung von pInsp bei der Beatmung in der klinischen Praxis
Der pInsp ist für die Beatmung in der klinischen Praxis von großer Bedeutung, da über ihn eine suffiziente Ventilation der Lunge sichergestellt wird. Er ist insbesondere bei der druckkontrollierten Beatmung relevant, da er dort direkt am Beatmungsgerät eingestellt wird – zum Beispiel in den nachfolgenden Beatmungsmodi:
- PCV-Beatmung: Das Beatmungsgerät gibt den pInsp vor und verabreicht ihn entsprechend der voreingestellten Atemfrequenz.
- aPCV-Beatmung: Die assistierte PCV-Beatmung ermöglicht die patientengesteuerte Einleitung von Spontanatemzügen innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters. Die Atmung erfolgt synchron mit der Eigenaktivität der Patientin oder des Patienten, wodurch der Beginn der Verabreichung des pInsp beeinflusst werden kann.
- BiLevel/BIPAP-Beatmung: Die Beatmung in diesem Modus erfolgt auf 2 Druckniveaus: pInsp und PEEP. Die Patientin oder der Patient kann jederzeit spontan durchatmen; jeder Atemzug kann bei Bedarf synchronisiert werden. Daher kann der pInsp auch bei der BIPAP-Beatmung patientengesteuert eingeleitet werden.
- CPAP-Beatmung: Hier wird keine Atemfrequenz vorgegeben, weshalb der Modus eine Eigenatmung voraussetzt. Die Beatmung findet auf einem kontinuierlichen Druckniveau statt, sodass pInsp und PEEP identisch sind.
Der pInsp ist damit in verschiedenen Beatmungsmodi ein wesentlicher Parameter zur Steuerung der Atemunterstützung. Daher ist er bei sämtlichen Krankheitsbildern relevant – darunter ARDS12 und COPD13.
Darstellung des pInsp während der Beatmung
Der Beatmungsdruck (pInsp, pAW) lässt sich bei den Beatmungsgeräten von WEINMANN durch die Darstellung von Druck- und Flowkurven präzise überwachen. Der eingestellte pInsp wird mittels Echtzeit-Anzeige angezeigt und der pAW mit einer grafischen Darstellung der Beatmungskurve visualisiert. So ermöglicht das Beatmungsgerät eine genaue Kontrolle der Atemwegsdruck-Werte und unterstützt eine sichere Anwendung für die Patientin oder den Patienten.
1 Lang, H. (2017): Außerklinische Beatmung. Berlin Heidelberg: Springer Verlag, p. 123–125
2 Larsen R, Ziegenfuß T (2013). Beatmung. 5th Edition, Berlin-Heidelberg: Springer-Verlag, p. 205.
3 Lang, H. (2017): Außerklinische Beatmung, Berlin Heidelberg: Springer Verlag, p. 129.
5 https://www.thieme-connect.de/products/ebooks/lookinside/10.1055/b-0040-178949
6 https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2667100X21000116
3 Lang, H. (2017): Außerklinische Beatmung, Berlin Heidelberg: Springer Verlag, p. 129.
7 https://www.thieme-connect.de/products/ebooks/lookinside/10.1055/b-0034-22916#
8 Lang, H. (2017): Außerklinische Beatmung. Berlin Heidelberg: Springer Verlag, p. 123.
9 Lang, H. (2020): Beatmung für Einsteiger. Berlin Heidelberg: Springer Verlag, p. 100f.
10 Lang, H. (2017): Außerklinische Beatmung. Berlin Heidelberg: Springer Verlag, p. 226, 256, 301.
11 https://flexikon.doccheck.com/de/Atemzeitvolumen
1 Lang, H. (2017): Außerklinische Beatmung. Berlin Heidelberg: Springer Verlag, p. 123–125.
12 https://www.weinmann-emergency.com/de/themen/notfallbeatmung/bipap
13 https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00740-013-0077-8.pdf